4.1 Zentrale Fragestellung
Abgeleitet aus dem theoretischen Rahmen und den bisherigen Kenntnisstand ergibt sich folgende zentrale Fragestellung:
Inwieweit trägt die gezielt aufeinander abgestimmte Förderung von Selbstlern- und Medienkompetenz zu einer Veränderung des selbstorganisierten Lernens in einer persönlichen Lernumgebung bei?
Hierbei lassen sich als (1) unabhängige Variablen folgende Dimensionen ableiten:
- Selbstlernkompetenz (SLK)
- Anwendung von Strategien und Methoden
- z.B. Über welche Methode lassen sich kompakt Lern- und Projekterfahrungen dokumentieren, um auch anderen den Zugriff darauf zu ermöglichen? > z.B. Exzerpieren von Texten
- Medienkompetenz (MK)
- Verwendung von Medien und Werkzeugen
- z.B. Exzerpte in Weblogs veröffentlichen?
und als (2) abhängige Variable:
- selbstorganisiertes Lernen (SoLe)
- Intensität und Güte des Lernens während der Projekterstellung (formativ) und am Ende (summativ)
- Intensität / Zeit
- angewendete Strategien und Methoden
- verwendete Medien und Werkzeuge
- Lernfortschritt subjektiv
- Motivation
- Reflektion
- Selbstorganisationsgrad (summativ)
- Ergebnis des Lernprojektes (summativ)
- bereichernd:
- informell vs. formell Nutzung
- aktive vs. passive Nutzung
- persönlches Informations- und Wissensmanagement
- Intensität und Güte des Lernens während der Projekterstellung (formativ) und am Ende (summativ)
Weitere (v.a. intervenierende) Variablen müssen in der Theoriephase noch erschlossen werden.
4.2 Methodische Vorgehensweise & erste Hypothesen
Im Promotionsvorhaben soll der Fokus auf die Studierenden gelenkt und untersucht werden, inwieweit der Einsatz web-basierter Werkzeuge das selbstorganisierte Lernen jedes einzelnen Studierenden befördern kann. Hierbei soll in einem ersten Schritt auf Grundlage von Vorstudien zur Einschätzung des Potenzials von Web-Werkzeugen für die Wissensarbeit sowie zusätzlicher Literaturrecherche ein Selbstlernangebot konzipiert werden. In einem zweiten Schritt werden aus einem Pool an Studierenden, die hinsichtlich ihrer bereits vorhandenen Medienkompetenz, Ausprägung von Lernstrategien und Methodenkompetenz über einen Fragebogen zu Beginn des Sommersemesters 2010 in bestimmte Profile geclustert wurden zum entworfenen Selbstlernangebot zugelost. Nach der Teilnahme am Seminar soll verglichen werden inwieweit sich durch die Förderung der Selbstlern- und Medienkompetenz das selbstorganisierte Lernen in der persönlichen Lernumgebung während der Bearbeitung eines selbst gewählten Lernprojektes entwickelt hat. Zusätzlich soll ein Panel mit dieser Untersuchungsgruppe etabliert werden, um auch Rückschlüsse auf die Übertragbarkeit der erworbenen Kompetenzen auf weitere Lernprojekte ziehen zu können.
Zur Untersuchung der zentralen Fragestellung werden (min.) zwei personalisierte Fragebögen sowie zu mehren Zeitpunkten während der Bearbeitung des Lernprojektes formative Assessments zum Einsatz kommen. Die Zusammenführung der Erhebungen findet anhand eines Fragebogenschlüssels statt.
Erhebungszeitpunkte (siehe Abbildung 4):
- Eingangserhebung (EEH) zu Beginn der Einsatzphase im April 2010 (t1)
- mehrere formative Assessments (FA) während der Bearbeitung des Lernprojektes zur Messung des selbstorganisierten Lernens (SoLe)
- Ausgangserhebung (AEH) am Ende der Einsatzphase Anfang
- August 2010 (t2)
- Erhebung am Ende des Folgeseminars, erstmals Anfang Februar 2010 (t3)
Abb. 4: Erhebungszeitpunkte
In Abbildung 5 ist eine mögliche Veränderung des selbstorganisierten Lernens entsprechend erster Hypothesen dargestellt:
Abb. 5: Mögliche Veränderung des selbstorganisierten Lernens (Entwurf)
H0: Die gezielt aufeinander abgestimmte Förderung von Selblern- und Medienkompetenz führt zu keiner signifikanten Veränderung des selbstorganisierten Lernens.
H1: Je mehr die Lern- und Medienkompetenz gefördert werden konnte desto eher hat sich auch die Intensität und Güte des selbstorganisierten Lernens (positiv) verändert. (rot)
H2: Bei bereits hoher Lernkompetenz wird sich die Intensität und Güte des selbstorganisierten Lernens durch die Förderung von Medienkompetenz nur geringfügig (positiv) verändern. (orange)
H3: Bei bereits hoher Medienkompetenz wird sich die Intensität und Güte des selbstorganisierten Lernens durch die Förderung von Lernkompetenz nachweisbar (positiv) verändern. (gelb)
Die Grundgesamtheit stellen alle Studierenden der Universität Bremen dar. Anhand einer parallel durchgeführten Untersuchung mit allen Studierenden der Universität Bremen kann ein Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen der Teilnehmer am Selbstlernangebotes „Studieren im Mitmachnetz“ durchgeführt werden.
4.3 Weiterführende Fragestellungen
Neben der zentralen Fragestellung haben sich in der Exposéphase weiterführende Fragen herausgebildet, die je nach Möglichkeit anhand der erhobenen Daten über das Promotionsvorhaben hinaus in der Arbeitsgruppe weiterverfolgt und in kleineren Publikationen veröffentlicht werden sollen:
- Welche Social Software eignet sich inwieweit für das selbstorganisierte Lernen von Studierenden?
- Wie sieht die sinnvolle Kombination verschiedener Social Software aus, besonders in Hinblick auf die Etablierung einer persönlichen Lernumgebung?
- Auf welche Weise und mit welchen Implikationen für die Selbstorganisation greifen die individuelle Kognition und soziale Partizipation beim Lernen ineinander? (vgl. Reinmann 2009: S. 5)
- Ist eine Übertragbarkeit von erworbenen Schlüsselkompetenzen innerhalb des selbstorganisierten Lernens auf eine Vielzahl von Lernaufgaben gewährleistet?
- Wie medienkompetent sind Studenten insbesondere Studienanfänger tatsächlich? Wie medienkompetent sollten sie sein, um erfolgreich ihr Studium zu meistern und um für die Anforderungen der Wissens- und Informationsgesellschaft gewachsen zu sein, besonders im Hinblick auf einen allgemein geforderten lebenslangen Lernprozess?
- Welche weiteren Herausforderungen ergeben sich beim Einsatz von webgestützten Werkzeugen innerhalb des selbstgesteuerten Lernens (z.B. Urheberrecht, Datenschutz etc. aber auch Kulturwandel durch öffentlich praktizierte Wissenschaft)?
- Lassen sich Unterschiede beim Einsatz von web-basierten Werkzeugen für Wissensarbeit zwischen verschiedenen Studienrichtungen feststellen?
- Inwieweit ist der Nutzen des Einsatzes von web-basierten Werkzeugen für das selbstorganisierte Lernen auf verschiedene Einsatzkontexte im Studium übertragbar?
- Welcher Effekt hat die Nutzung eines Tools auf die Nutzung anderer Tools? Führt eventuell die gezielte Einführung eine Werkzeuggruppe und der dortigen Präsenz anderer Social Software zur weiterführenden Verwendung (z.B. Sichtbarkeit von Twitter während der Verwendung von Facebook, führt ebenfalls zur Nutzung dieses Microblogging-Dienstes)?
- Kann Multi-Tier-Tutoring zur Förderung von Vernetzung und zur Kompetenzentwicklung von Studierenden eingesetzt werden?
- Inwieweit kann Self-Assessment die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen unterstützen?
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